Fellhorn-Ausbau zeigt Folgen des Modernisierungsgesetzes



Vor dem Ausbau der Seilbahn hätte es früher eine Umweltprüfung gegeben. Durch neues Modernisierungsgesetz können Bauarbeiten zu Lasten der Natur sofort umgesetzt werden. Ziel des Gesetzes ist es, die kritische Öffentlichkeit auszuschließen.
Der BUND Naturschutz in Bayern sieht seine Kritik am 3. Modernisierungsgesetz durch aktuelle Entwicklungen am Skigebiet Fellhorn im Allgäu bestätigt. „Dort ist erstmalig nach Inkrafttreten des Modernisierungsgesetztes genau das eingetreten, was wir befürchtet haben“, erklärt der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. „Umfangreiche Eingriffe in die sensible Bergwelt können jetzt viel leichter ohne Umweltverträglichkeitsprüfung durchgezogen werden – zum Schaden der Natur und einem nachhaltigen, zukunftsgerichteten Tourismus.“
Durch das dritten Modernisierungsgesetz werde die Beteiligung der kritischen Öffentlichkeit bei solchen Vorhaben deutlich erschwert, so Geilhufe weiter: „Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist automatisch mit einer Öffentlichkeitsbeteiligung verbunden. Umweltverbände wie der BUND Naturschutz können dabei Stellung nehmen und wichtige Impulse geben. Diese Möglichkeit wird nun systematisch beschränkt. Das ist eine gefährliche und zutiefst undemokratische Entwicklung. Abgesehen davon gehen wir davon aus, dass das Gesetz nicht mit EU-Recht vereinbar ist.“
Konkret geht es um die geplante Erweiterung der Scheidtobelbahn, deren Förderkapazität verdreifacht werden soll. Die Trasse führt durch ein Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet, ein europäisches Vogelschutzgebiet, ein Landschaftsschutzgebiet und ein im Winter gesperrtes Wildschutzgebiet. Früher wäre für ein solches Vorhaben zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben gewesen. Erst auf Nachfrage des BN wurden die Unterlagen vom Landratsamt zur Verfügung gestellt. Im Zusammenhang mit dem Sessellift sind vier Pistenausbauten geplant, drei weitere sollen zusätzlich folgen.
Auch die Speicherkapazität für die Beschneiungsanlagen soll massiv erweitert werden: Das bisherige Speicherbecken im Skigebiet Fellhorn-Kanzelwand umfasst 58 Mio. Liter. Ein zusätzlicher Neubau soll 170 Mio. Liter Wasser für Kunstschnee bereithalten – ein weiterer erheblicher Eingriff in das Ökosystem.
„Der ohnehin schon problematische Ausbau der Bahn zieht eine ganze Kette naturzerstörerischer Maßnahmen nach sich“, kritisiert Irmela Fischer, Vorstandsmitglied der BN-Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu. „Der Umbau der ersten Piste läuft bereits. Praktisch unbemerkt von der Öffentlichkeit werden hier harte Fakten geschaffen. Ich habe mir die Baustelle angeschaut und mir blutet das Herz zu sehen, wie rücksichtslos mit unserer heimischen Natur umgegangen wird.“
Der BN befürchtet, dass die am Fellhorn begonnene Salamitaktik auch im übrigen bayerischen Alpenraum Schule machen wird. „Ohne Umweltprüfungen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit sollen so die letzten großen Projekte auf Kosten der Natur und zum Schaden der Allgemeinheit umgesetzt werden. Im Zeichen des Klimawandels und immer weniger Schnee im bayerischen Alpenraum eine höchst verstörende Vorstellung“, so Fischer abschließend.
Für Rückfragen:
Felix Hälbich
Pressesprecher, Referent für Medien und Kommunikation
Tel. 0 89 / 5 14 69 76 11; 01 71 / 3 37 54 59
E-Mail: felix.haelbich@bund-naturschutz.de
Anlage:
Fotos: Pisten-Bauarbeiten am Fellhorn
Fotografin: Irmela Fischer, BN
„Wie der Lech wieder zum lebendigen Fluss werden kann“

Der BUND Naturschutz in Füssen organisierte eine Radexkursion zu den markanten Plätzen am Lech im Füssener Umland. Thomas Frey, Regionalreferent des BN Schwaben, stellte vor Ort die Hintergründe und Möglichkeiten des Projekts „Zukunftsprogramm Bayerischer Lech“ dar.
Der Lech war einmal der wildeste Fluss Bayerns mit dem größten Gefälle eines Fließgewässers. Das prädestinierte ihn für die Energiewirtschaft als idealen Wasserkraftstandort. 43 Querbauwerke, davon 30 Wasserkraftwerke wurden von der Grenze zu Österreich bis zur Mündung in die Donau errichtet, ein Großteil davon Staukraftwerke. Dadurch wurde der Lech als durchgängiger Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen massiv verändert. Durch die Kanalisierung wurden die Auengebiete verdrängt. Die Kraftwerke stellen oft unüberwindliche Hindernisse für die Fischwanderungen dar. In der Folge verschwanden viele Arten oder wurden bis auf kaum überlebensfähige Restbestände dezimiert. Nur durch künstlichen Fischbesatz sind in weiten Teilen des Lechs überhaupt noch Fischbestände möglich.
Hier setzt das "Zukunftsprogramm Bayerischer Lech“ an. Durch gezielte Umbaumaßnahmen im Rahmen der neu zu erteilenden Konzessionen könnten in den kommenden Jahrzehnten Teile des Lechs so renaturiert werden, dass neben den Kraftwerksbereichen wieder ein durchgängiges Flusssystem entstehen kann, das sich selbst trägt und nachhaltigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen ermöglicht. Eines der größten Probleme des Lechs stellt das fehlende Kiesgeschiebe dar. Es kommt aufgrund des Abbaus für Bauzwecke kaum noch neuer Kies im Fluss an, und das wenige kann Staukraftwerke oft nicht passieren., Der Lech braucht aber dringend ein ausreichendes Kiesgeschiebe entlang seines gesamten Verlaufs zur Festigung seiner Sohle und für die Ausbildung der typischen Flusslandschaften. „Es ist grotesk, wie mit großem Aufwand und hohen finanziellen Kosten in Sichtweite der dem Lech entnommenen Kiesberge eines Kieswerkes ein Stück Flusslandschaft am WEZ mühsam wieder hergestellt wird. Es braucht dringend eine grenzüberschreitende Neuregelung des gesamten Flussmanagements zugunsten eines nachhaltigen und funktionierendem Gesamtökosystems Lech“, fordert die Vorsitzende der Ortsgruppe Füssen im Bund Naturschutz, Ilona Deckwerth.
Das Problem mit dem niedriger Grundwasser-Pegel
„Grundwasserspiegel bayernweit auf bedenklichem Niveau“, „ Trotz langen Regens bleibt Grundwasser-Pegel niedrig“ (AZ 8.8.25) So und so ähnlich lauteten die Schlagzeilen der letzten Tage und werfen damit ein Schlaglicht auf ein immer drängenderes und sichtbar werdendes Problem. Die Böden sind viel zu trocken, das Grundwasser sinkt weiter ab, Erholung ist nicht in Sicht, daran können auch die Regenfälle der letzten Zeit nichts ändern. Hitzewellen und Dürren durch die Klimakrise werden das neue Normal in Bayern. Solange das Wasser allerdings noch in gewohnter Menge und Qualität aus dem Hahn läuft, der Wasserpreis moderat ist und es keine Vorgaben und Anreize zum Wassersparen gibt, ist eine entsprechende Verhaltensänderung für die meisten Bürger kein Thema, zumal ein niedriger Grundwasser-Pegel eine in der Regel abstrakte und unsichtbare Angelegenheit bleibt. Diese Erfahrung macht auch Josef Kreuzer, seit 35 Jahren Kreisvorsitzender des BUND Naturschutz, in seinen Gesprächen immer wieder und so möchte er an diesem Nachmittag einer Gruppe des „Naturbündnis Wertachtal“ das Problem konkret vor Augen führen.
Hier im Germaringer Hebelbiotop, einer ausgebeuteten Kiesgrube, welche sich in den letzten 60 Jahren zu einem artenreichen Biotop entwickelte, liegt der Grundwasser-Pegel der Umgebung offen zu Tage und der liegt zur Zeit ca. einen dreiviertel Meter unter Normal. Die viel zu hohen Kiesränder am Ufer der ausgedehnten Wasserflächen sprechen eine deutliche Sprache: ohne einen regenreichen Herbst und einen Winter mit genügend Schnee werden sich in Zukunft die Grundwasserspeicher nicht mehr ausreichend füllen und daran sind gerade mit Blick auf die letzten Winter Zweifel angebracht.
Gegenüber seinen Gästen formuliert daher Josef Kreuzer die wesentlichen Forderungen des BUND Naturschutz:
- Klare Vorgaben für Industrie, Landwirtschaft und Privathaushalte, um den Wasserverbrauch zu verringern
- Schonende Bodenbewirtschaftung, um die Speicherfähigkeit zu erhalten
- Weitgehender Verzicht auf die Ausbringung wasserbelastender Stoffe
- Ein gerechter Wassercent, der eine echte Lenkungswirkung entfaltet
- Eine konsequente Wiedervernässung von Mooren, mehr Raum für naturnahe Gewässer, die Anlage naturnaher Landschaftselemente und der Stopp der ausufernden Flächenversiegelung in Bayern
Alle Teilnehmer der Begehung an diesem Nachmittag sind sich einig, dass der Klimawandel uns Menschen und unsere heimische Tier-und Pflanzenwelt in einem beunruhigendem Ausmaß bedroht, dass die Lebensräume schon jetzt extrem mitgenommen sind und es endlich Zeit ist für konsequente politische und gesellschaftliche Maßnahmen. Jeder Bürger kann hier seinen Beitrag leisten und wenn es nur die größere Regenwassertonne fürs Gießwasser ist.
Überdurchschnittlich hoher Flächenverbrauch im Allgäu!
Täglich werden im Allgäu ca. 1,3 ha neu bebaut. Das entspricht fast der Fläche von 2 Fußballfeldern. Im Ostallgäu sind es täglich 0,3 ha!
In den letzten 45 Jahren haben wir ebenso viel Freifläche neu zu Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt, wie alle Generationen vor uns zusammen.
Im Allgäu ist der Flächenverbrauch im bayernweiten Vergleich überdurchschnittlich hoch. Während in den letzten 12 Jahren im bayerischen Durchschnitt der Siedlungs- und Verkehrsflächenanteil um ca. 10,6% gewachsen ist, liegt dieser Wert im Allgäu bei knapp über 14%.
Warum Flächensparen?
Der unverbaute Boden, als auch die unzersiedelten Freiflächen, sind für Mensch und Tier überlebensnotwendig.
Wir brauchen die Freiflächen:
- als Landschaft: Die Allgäuer Identität beruht auf der Unberührtheit ihrer Landschaft. Das Allgäu ist wegen seiner Landschaft europaweit bekannt.
- als Erholungsraum: Die unbebaute Natur ist der beliebteste Freizeitraum der Deutschen. Touristen kommen wegen der Landschaft ins Allgäu.
- als Anbaufläche für Nahrungsmittel und Energiepflanzen: Schon heute können wir deutschen unseren Nahrungsmittelbedarf bei weitem nicht mehr allein auf unseren Böden decken.
- als Lebensraum für Tiere und Pflanzen: Unsere heimischen Tiere und Pflanzen sind auf möglichst ungestörte Freiräume angewiesen. Die Bebauung und Zerschneidung ihrer Lebensräume nimmt ihnen die Lebensgrundlage
- für unser Trinkwasser: In unverbauten Böden bildet sich sauberes Grundwasser, die Basis allen Lebens.
- zum Schutz vor Hochwasser: Unversiegelte Böden wirken wie ein Schwamm und halten das Wasser zurück.
- zum Schutz unserer Böden: Gesunde Böden dienen der Wiederaufarbeitung und Speicherung wichtiger Nährstoffe, sowie dem Abbau organischer Abfälle und als Nährboden für Pflanzen.
- zur Verbesserung des lokalen und globalen Klimas: Freiflächen dienen der Frischlufterneuerung. Vor allem Waldflächen sind wichtige CO2-Speicher und tragen damit zum Klimaschutz bei.
